Wichtig In diesem Modul lernen Sie, wie die Ableitung zu interpretieren ist und wie Sie die Ableitung einer Funktion berechnen können. Woher die Interpretation stammt, woher die Ableitungsregeln kommen bzw. warum diese gelten, werden Sie gegebenenfalls in Ihren Mathematikvorlesungen lernen. Hier geht es darum für die Anwendungsfächer (z.B. für Physik) die nötigen Grundlagen zur Berechnung der Ableitung bereit zu stellen.

Die Ableitung f' einer Funktion f ist selbst wieder eine Funktion. Dabei gibt $f'(x_0)$ die Steigung der Funktion an der Stelle $f(x_0)$ an.

Schon mit Hilfe dieser einfachen Information lassen sich nun einige markante Punkte bzw. Eigenschaften nutzen um die Ableitungsfunktion einer Funktion zu skizzieren:

  • Die Steigung einer Geraden ($f(x)=mx+c$) ist durch m gegeben und konstant. Daher verläuft der Graph der Ableitungsfunktion parallel zur x-Achse ($f'(x)=m$).

  • Wächst eine Funktion streng monoton bzw. ist eine Funktion auf einem Intervall streng monoton steigend, so muss die Ableitungsfunktion positive Werte annehmen. Der Graph der Ableitungsfunktion liegt also in diesem Intervall oberhalb der x-Achse.

  • Fällt eine Funktion streng monoton bzw. ist eine Funktion auf einem Intervall streng monoton fallend, so muss die Ableitungsfunktion negative Werte annehmen. Der Graph der Ableitungsfunktion liegt also in diesem Intervall unterhalb der x-Achse.

  • Besitzt die Funktion einen Extrempunkt dann ist dort die Steigung gerade Null. Die Ableitungsfunktion muss an dieser Stelle also eine Nullstelle besitzen. Handelt es sich um einen Hochpunkt so ist die Steigung der Funktion zunächst positiv und dann negativ. Die besagte Nullstelle der Ableitungsfunktion verläuft von oben nach unten. Handelt es sich um einen Tiefpunkt, so ist die Steigung der Funktion zunächst negativ und dann positiv. Die besagte Nullstelle der Ableitungsfunktion verläuft in diesem Fall von unten nach oben.

  • Wendepunkte sind die Punkte an denen die Steigung am Extremsten ist. Besitzt eine Funktion also einen Wendepunkt so muss die Ableitung an dieser Stelle einen Extrempunkt besitzen.

Beispiel 1. Skizze(n) einer Ableitungsfunktion

http://rnll.fh-kl.de/~asciidoc/mv/images/Ableitungen/Skizze.PNG

In der Skizze ist eine Funktion f (schwarz) abgebildet. Außerdem sind die markanten Punkte (Extrem- und Wendepunkte) markiert. An der Stelle des Hochpunktes liegt eine Nullstelle der Ableitungsfunktion vor. Da die Funktion bis zum Hochpunkt steigt und danach fällt, muss die Ableitungsfunktion zunächst im positiven Bereich (hier grün) und dann im negativen Bereich (hier rot) sein. Analoge Überlegungen führen zu der zweiten Nullstelle. Außerdem liegt auf Höhe des Wendepunktes der Funktion die Extremstelle der Ableitung. Daher ergibt sich eine ungefähre Form des Graphen der Ableitungsfunktion (weiß, blau, gelb). Die exakte Funktion lässt sich zwar so noch nicht genau einzeichnen, da die y-Koordinate des Extrempunktes der Ableitung nicht bekannt ist, aber ein ungefährer Eindruck der Ableitungsfunktion entsteht.

Umgekehrt ist es auch möglich mit Hilfe des Graphen der Ableitungsfunktion Eigenschaften über die Funktion zu erhalten.

Die Ableitung beliebiger Funktionen lässt sich mich Hilfe von Basisfunktionen (und deren Ableitungen) sowie einer Hand voll Ableitungsregeln bestimmen. Oft müssen vorab noch Termumformungen stattfinden um die Funktion auf eine für Sie ableitbare Form zu bringen.

Satz: Ableitungen der Basisfunktionen

Potenzfunktionen: \begin{eqnarray*} f(x)=x^n \quad \Rightarrow \quad f'(x)= n\cdot x^{n-1}\end{eqnarray*}

Exponentialfunktion: \begin{eqnarray*} f(x)=e^x \quad \Rightarrow \quad f'(x)=e^x \end{eqnarray*}

Sinusfunktion: \begin{eqnarray*} f(x)= sin(x)\quad \Rightarrow \quad f'(x)=cos(x)\end{eqnarray*}

Cosinusfunktion: \begin{eqnarray*} f(x)=cos(x) \quad \Rightarrow \quad f'(x)= -sin(x)\end{eqnarray*}

Logarithmusfunktion: \begin{eqnarray*} f(x)= ln(x)\quad \Rightarrow \quad f'(x)=\frac{1}{x} \end{eqnarray*}

Satz: Ableitungsregeln

Faktorregel:\begin{eqnarray*} f(x)=c\cdot g(x) \quad \Rightarrow \quad f'(x)= c\cdot g'(x)\end{eqnarray*} Summenregel:\begin{eqnarray*} f(x)=g(x)+h(x) \quad \Rightarrow \quad f'(x)= g'(x)+h'(x)\end{eqnarray*} Produktregel:\begin{eqnarray*} f(x)=g(x) \cdot h(x) \quad \Rightarrow \quad f'(x)=g'(x)\cdot h(x)+g(x) \cdot h'(x)\end{eqnarray*} Quotientenregel:\begin{eqnarray*} f(x)=\frac{g(x)}{h(x)} \quad \Rightarrow \quad f'(x)=\frac{g'(x)\cdot h(x)-g(x) \cdot h'(x)}{(h(x))^2} \end{eqnarray*} Kettenregel:\begin{eqnarray*} f(x)=g(h(x)) \quad \Rightarrow \quad f'(x)=g'(h(x))\cdot h'(x)\end{eqnarray*}

Beispiel 2. Ableitung einer Funktion berechnen

\begin{eqnarray*} f(x)=\sqrt{3x^2+x} \cdot x = (3x^2+x)^\frac{1}{2} \cdot x \end{eqnarray*} Zunächst wird die Struktur des Terms untersucht:

http://rnll.fh-kl.de/~asciidoc/mv/images/Ableitungen/Beispiel.PNG

Die äußerste Struktur ist ein Produkt aus den beiden Funktionen: \begin{eqnarray*} g(x)=(3x^2+x)^\frac{1}{2} \quad (blau) \quad und \quad h(x)=x \quad (rot). \end{eqnarray*} Bei der Funktion h handelt es sich um eine Basisfunktion. Die Funktion g muss weiter zerlegt werden. Die äußere Struktur der Funktion g ist eine Verkettung der beiden folgenden Funktionen: \begin{eqnarray*}i(x)=3x^2+x \quad (lila) \quad und \quad j(x)=x^\frac{1}{2} \quad (grün).\end{eqnarray*} Bei der Funktion j handelt es sich wieder um eine Basisfunktion. Die Funktion j(x) setzt sich aus einer Summe von Funktionen zusammen: \begin{eqnarray*} k(x)=3x^2 \quad (türkis) \quad und \quad l(x)=x \quad (gelb).\end{eqnarray*} Bei der Funktion l handelt es sich um eine Basisfunktion. Die Funktion k setzt sich aus einer Konstanten (3, olivgrün) und einer Basisfunktion ($x^2$, grau) zusammen. Bei den Basisfunktionen handelt es sich jeweils um Potenzfunktionen. Für die Ableitung werden also die folgenden Zutaten benötigt:

  • Ableitung der Potenzfunktion

  • Produktregel

  • Kettenregel

  • Summenregel

  • Konstantenregel

Da mit Hilfe der Konstantenregel und der Ableitung von Potenzfunktionen gilt, \begin{eqnarray*} k'(x)=6x \quad und \quad l'(x)=1 \end{eqnarray*} ergibt sich mit Hilfe der Summenregel für die Ableitung von i das folgende \begin{eqnarray*} i'(x)=6x+1. \end{eqnarray*} Die Ableitung von j lautet: \begin{eqnarray*} j'(x)=\frac{1}{2}x^{-\frac{1}{2}}. \end{eqnarray*} Deshalb ergibt sich für die Ableitung von g mit Hilfe der Kettenregel das folgende \begin{eqnarray*} g'(x)=\frac{1}{2}(3x^2+x)^{-\frac{1}{2}} \cdot (6x+1). \end{eqnarray*} Außerdem gilt $h'(x)=1$. Nun kann die Ableitung der Funktion f mit Hilfe der Produktregel bestimmt werden \begin{eqnarray*} f'(x)=\frac{1}{2}(3x^2+x)^{-\frac{1}{2}} \cdot (6x+1) \cdot x +(3x^2+x)^\frac{1}{2} \cdot 1. \end{eqnarray*}