Definition: Lineares Gleichungssystem mit 2 unbekannten und 2 Gleichungen, Lösung und Lösungsmenge

Ein lineares Gleichungssystem (LGS) mit zwei Unbekannten x und y und zwei Gleichungen besitzt die folgende Form: \begin{eqnarray*} a_1 x+ b_1 y&=& c_1 \\ a_2 x+ b_2 y&=& c_2 \\ \end{eqnarray*} dabei sind $a_14, $a_2$, $b_1$, $b_2$, $c_14 und $c_2$ reelle Zahlen sind. Eine Lösung eines solchen LGS besteht aus zwei Zahlen, die mal als Tupel (x,y) angibt und die die beide Gleichungen des LGS erfüllen. Die Lösungsmenge des LGS ist eine Menge die alle Lösungen des LGS enthält.

Beispiel 1. LGS, Lösung und Lösungsmenge

Das Tupel (2,1) ist eine Lösung des folgenden linearen Gleichungssystems: \begin{eqnarray*} 2x+ y&=& 5 \\ x-y&=& 1 \\ \end{eqnarray*} weil die beiden folgenden Gleichungen, die entstehen, wenn man für x=2 und y=1 einsetzt, erfüllt sind: \begin{eqnarray*} 2\cdot 2+ 1&=& 5 \\ 2-1&=& 1 \\ \end{eqnarray*} Da dies das einzige Tupel ist, dass das LGS löst lautet die Lösungsmenge $\mathbb{L}=\{(2,1)\}$.

Die Tupel (-4,1), (3,0), (1,2), … sind Lösungen des folgenden linearen Gleichungssystems: \begin{eqnarray*} x+ y&=& 3 \\ 2x+2y&=& 6 \\ \end{eqnarray*} denn die beiden Gleichungen, die entstehen, wenn man für (x,y) jeweils das angegebene Tupel einsetzt, sind wahr. Jedes Tupel der Form (a,3-a), wobei a irgendeine reelle Zahl ist, erfüllt das LGS. Jedes Tupel, dass das LGS löst hat die Form (a,3-a). Daher lautet die Lösungsmenge $\mathbb{L}=\{(a,3-a)| a \in \mathbb{R}\}$.

Es gibt 4 Möglichkeiten ein lineares Gleichungssystem mit 2 Variablen zu lösen.

  • graphisch

  • Einsetzungsverfahren

  • Gleichsetzungsverfahren

  • Gauß-Algorithmus und Äquivalenzumformungen

Auf die ersten drei Möglichkeiten wird im Folgenden genauer eingegangen. Die vierte Möglichkeit führt zu einem etwas allgemeineren Ansatz, der Teil der Vorlesung ist und deshalb im Vorkurs nicht besprochen wird.

Jede Gleichung eines linearen Gleichungssystems mit zwei Variablen lässt sich als Gerade (oder als Relation parallel zur y-Achse) darstellen.

\begin{eqnarray*} a_1 x+ b_1 y&=& c_1 \\ b_1y&=&c_1-a_1x\\ y&=&\frac{c_1-a_1x}{b_1}\\ y&=&\frac{-a_1}{b_1}x+\frac{c_1}{b_1} \end{eqnarray*}

Man hat also bei einem linearen Gleichungssystem mit zwei Unbekannten und zwei Gleichungen, zwei Geraden. Für eine Lösung, müssen beide Gleichungen simultan erfüllt sein. Also müssen für eine Lösung sowohl der x- als auch der y-Wert übereinstimmen. Wenn nun jede Gleichung eines linearen Gleichungssystems als Gerade dargestellt werden kann, stellt sich die Frage, wie zwei Geraden in einer 2D Umgebung zueinander liegen können und was dies für das LGS bedeutet:

  • Zwei Geraden können sich in einem Punkt schneiden, dies bedeutet für das LGS, dass es genau eine Lösung gibt.

  • Zwei Geraden können parallel zueinander sein, dies bedeutet für das LGS, dass es keine Lösung gibt.

  • Zwei Geraden können identisch sein, dies bedeutet für das LGS, dass es unendlich viele Lösungen gibt.

Satz: Lösen von linearen Gleichungssystemen
graphisch

Bei diesem Verfahren werden die beiden Gleichungen als Gerade aufgefasst und in ein gemeinsames Koordinatensystem eingezeichnet. Löst man ein lineares Gleichungssystem mit 2 Variablen und 2 Gleichungen graphisch, dann gilt:

  • Entsprechen die 2 Gleichungen unterschiedlichen Geraden und schneiden sich in genau einem Punkt, dann existiert genau eine Lösung, nämlich der Schnittpunkt.

  • Entsprechen die 2 Gleichungen unterschiedlichen Geraden und liegen parallel zueinander, dann existiert keine Lösung.

  • Entsprechen die 2 Gleichungen der gleichen Geraden, dann gibt es unendlich viele Lösungen, nämlich alle Punkte, die auf der Geraden liegen.

Einsetzungsverfahren

Bei diesem Verfahren wird eine der beiden Gleichungen nach einer Variable aufgelöst und anschließend wird die neue Gleichung anstelle der aufgelösten Variable in die andere Gleichung eingesetzt. Die Gleichung nach der verbliebenen Variablen auflösen und mit ihrer Hilfe und der ersten Gleichung (Original oder aufgelöste Variante) die andere Variable bestimmen. Löst man ein lineares Gleichungssystem mit 2 Variablen und 2 Gleichungen mit dem Einsetzungsverfahren, dann gilt:

  • Bekommt man nach dem Einsetzen, eine Gleichung mit einer (nicht redundanten) Variablen, hat das LGS genau eine Lösung. Die Lösung kann durch Umformungen und erneutes Einsetzen berechnet werden.

  • Bekommt man nach dem Einsetzen, eine Gleichung ohne Variablen (bzw. mit einer redundanten Variablen) deren Aussage falsch ist, dann besitzt das LGS keine Lösung.

  • Bekommt man nach dem Einsetzen, eine Gleichung ohne Variablen (bzw. mit einer redundanten Variablen) deren Aussage wahr ist, dann besitzt das LGS unendlich viele Lösungen. Die Lösungen können dann mit Hilfe einer der Gleichungen angegeben werden.

Gleichsetzungsverfahren

Bei diesem Verfahren werden beide Gleichungen nach einer Variablen aufgelöst. Dann wird das Ergebnis der ersten aufgelösten Gleichung gleich dem Ergebnis der zweiten aufgelösten Gleichung gesetzt und nach der verbliebenen Variablen aufgelöst. Mit Hilfe der gelösten Variablen lässt sich dann der Wert der zweiten Variable ermitteln. Nach welcher Variable man dabei auflöst ist dabei ohne Bedeutung. Beide Varianten führen zum gleichen Ergebnis. Löst man ein lineares Gleichungssystem mit 2 Variablen und 2 Gleichungen durch Gleichsetzen, dann gilt:

  • Bekommt man nach dem Einsetzen, eine Gleichung mit einer (nicht redundanten) Variablen, hat das LGS genau eine Lösung. Die Lösung kann durch Umformungen und erneutes Einsetzen berechnet werden.

  • Bekommt man nach dem Einsetzen, eine Gleichung ohne Variablen (bzw. mit einer redundanten Variablen) deren Aussage falsch ist, dann besitzt das LGS keine Lösung.

  • Bekommt man nach dem Einsetzen, eine Gleichung ohne Variablen (bzw. mit einer redundanten Variablen) deren Aussage wahr ist, dann besitzt das LGS unendlich viele Lösungen. Die Lösungen können dann mit Hilfe einer der Gleichungen angegeben werden.

Beispiel 2. Lösen von linearen Gleichungssystemen
genau eine Lösung keine Lösung unendlich viele Lösungen

LGS

\begin{eqnarray*}x+y=2 \\ 5x-3y=2\end{eqnarray*}

\begin{eqnarray*}x+y=1\\x+y=2\end{eqnarray*}

\begin{eqnarray*}12x+6y=6 \\ 24x+12y=12\end{eqnarray*}

graphisch

http://rnll.fh-kl.de/~asciidoc/mv/images/LGS/lgsbsp1.png

http://rnll.fh-kl.de/~asciidoc/mv/images/LGS/lgsbsp2.png

http://rnll.fh-kl.de/~asciidoc/mv/images/LGS/lgsbsp3.png

Einsetzungsverfahren

1. Gleichung nach x auflösen ($x=2-y$) und in die zweite Gleichung einsetzen: \begin{eqnarray*} 5x-3y&=&2\\ 5(2-y)-3y&=&2\\10-5y-3y&=&2\\-8y&=&-8\\ y&=&1\end{eqnarray*} anschließend den x-Wert bestimmen $x=2-y=2-1=1$.

1. Gleichung nach x auflösen ($x=1-y$) und in die zweite Gleichung einsetzen: \begin{eqnarray*} x+y&=&2\\ (1-y)+y&=&2\\1-y+y&=&2\\1&=&2\end{eqnarray*} Falsche Aussage, deshalb gibt es keine Lösung

1. Gleichung nach y auflösen ($y=1-2x$) und in die zweite Gleichung einsetzen: \begin{eqnarray*} 24x+12y&=&12\\ 24x+12(1-2x)&=&12\\24x+12-24x&=&12\\12&=&12\end{eqnarray*} Wahre Aussage, deshalb gibt es unendlich viele Lösungen.

Gleichsetzungsverfahren

Beide Gleichungen nach x auflösen ($x=2-y$ und $x=\frac{2+3y}{5}$) und gleichsetzen: \begin{eqnarray*} 2-y&=&\frac{2+3y}{5}\\ 8&=&8y\\ 1&=&y\end{eqnarray*} und den x-Wert berechnen: $x=2-y=2-1=1$.

Beide Gleichungen nach x auflösen ($x=1-y$ und $x=2-y$) und gleichsetzen: \begin{eqnarray*}1-y&=&2-y\\ 1&=&2\end{eqnarray*} Falsche Aussage, deshalb gibt es keine Lösung

Beide Gleichungen nach y auflösen ($y=1-2x$ und $y=1-2x$) und gleichsetzen: \begin{eqnarray*}1-2x&=&1-2x\\ 0&=&0\end{eqnarray*} Wahre Aussage, deshalb gibt es unendlich viele Lösungen.

Lösungsmenge

$\mathbb{L}=\{(1,1)\}$

$\mathbb{L}=\{\}$

$\mathbb{L}=\{(a,1-2a) | a \in \mathbb{R}\}$